Gezielter Einsatz von Antikoagulanzien bei Herzrhythmusstörungen Vorhofflimmern ist die häufigste Arrhythmie in der westlichen Welt und macht etwa 25 % aller ischämischen Schlaganfälle aus. Eine prophylaktische Antikoagulanzientherapie kann das Schlaganfallrisiko bei Vorhofflimmern drastisch reduzieren. Ein großes Problem ist jedoch, dass Vorhofflimmern bei vielen Patienten nicht frühzeitig erkannt wird. Aufgrund des kontinuierlichen technischen Fortschritts halten innovative Strategien, insbesondere im telemedizinischen Monitoring, zunehmend Einzug in den medizinischen Bereich. Eine Reihe von Studien hat eine verbesserte Erkennung von zuvor unbekanntem Vorhofflimmern mit opportunistischem Screening unter Verwendung von Photoplethysmographie (PPG)-Pulswellenanalyse gezeigt. Diese Analyse kann sehr einfach mit den Kameras herkömmlicher Smartphones oder Smartwatches durchgeführt werden. Allerdings ist die Wirksamkeit dieser digitalen Screening-Strategie im direkten Vergleich zum konventionellen Screening auf Vorhofflimmern noch nicht ausreichend untersucht. Die Studie „Bayerische alternative Erkennung von Vorhofflimmern auf Basis von Electronic Health (eBRAVE-AF)“ war eine randomisierte Studie, die von der Medizinischen Klinik I des LMU Klinikums in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Innsbruck unter der Leitung von Prof. Dr. Axel Bauer und PD Dr. Konstantinos Rizas von der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des LMU Klinikums München. Die Ergebnisse wurden auf dem Kongress der European Society of Cardiology in Barcelona im Rahmen einer Hotline-Session am 28. August 2022 vorgestellt und zeitgleich in der großen Fachzeitschrift Nature Medicine veröffentlicht. 67.488 Versicherungsnehmer der Versicherungskammer Bayern, ausgewählt nach Alter (≥ 50 Jahre) und weiteren Risikofaktoren, wurden per Mail über die Studie informiert und zur Studienteilnahme eingeladen. Bei 5.551 Teilnehmern wurde eine digitale Strategie zum Vorhofflimmern-Screening mit einem konventionellen Vorhofflimmern-Screening verglichen. Die digitale Überwachung bestand aus wiederholten einminütigen Pulswellenmessungen mit einer zertifizierten Smartphone-Anwendung (Preventicus Heartbeats) und im Falle einer abnormalen Messung wurden die Ergebnisse durch ein Langzeit-EKG bestätigt. Digitale Erkennung von Vorhofflimmern zur Reduzierung des Schlaganfallrisikos „Wir haben die Studie rein digital ohne physischen Kontakt zu den Studienteilnehmern durchgeführt. Das war eine große Herausforderung. Unser wichtigstes Kommunikations- und Koordinationstool war eine eigens entwickelte Studien-App auf den Smartphones der Teilnehmer“, sagt Bauer. Insgesamt 125 Teilnehmer mit Vorhofflimmern wurden während der Studie neu diagnostiziert. Bei 100 dieser Teilnehmer führte diese Diagnose zur Einleitung einer gerinnungshemmenden Therapie zur Schlaganfallprävention. Darüber hinaus hat die digitale Smartphone-Überwachung zu einer Verdopplung der Empfindlichkeit bei der Erkennung von Vorhofflimmern geführt. Der Privatlehrer Dr. Rizas: „Die Ergebnisse dieser Studie sind von großer Bedeutung für die Früherkennung von Vorhofflimmern, einer Herzrhythmusstörung, die ohne Behandlung mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko einhergeht. Die Technologie lässt sich problemlos auf jedem iOS- oder Android-Smartphone implementieren und könnte zu bevölkerungsweiten Früherkennungsprogrammen zur Diagnose von Vorhofflimmern und Schlaganfallprävention führen. Zukünftige Studien müssen nun klären, inwieweit diese digitale Screening-Strategie die Patientenprognose nachhaltig verbessern kann.“ Veröffentlichung: Rizas, KD, Freyer, L., Sappler, N. et al. Smartphone-basierte Vorhofflimmern-Überwachung: eine pragmatische randomisierte klinische Studie. Nat Med (2022). DOI: